27.Jun 2018

Lesen & Lernen No. 7

How the Tech Giants created what DARPA couldn’t

https://www.wired.com/story/darpa-total-informatio-awareness/

Der Artikel beschreibt, wie noch 2002 die US-amerikanische Medien- und Politlandschaft auf das geplante Programm „Total Information Awareness“ (TIA) der DARPA, das umfassend personenbezogene Daten von US-Bürger*innen sammeln sollte und als größtes Überwachungsprogramm in der Geschichte der Vereinigten Staaten gilt, reagierten: warnend und ablehnend. Das Resultat: Das Projekt wurde erst umbenannt und dann schnell aufgegeben (die gesammelten Daten und die entwickelte Software wurden aber von anderen Agencies weitergenutzt). Autorin Renee DiResta zieht den Vergleich zwischen TIA als staatlichem Überwachungsprogramm und der Datensammelwut von Google, Facebook und Co. Warum willigen wir heute oft bereitwillig in ein Szenario ein, dass uns vor 15 Jahren noch als Dystopie erschien? Weil uns die Firmen dafür Produkte liefern, so die Einschätzung der Autorin, und die Datensammlung dadurch weniger im Vordergrund steht. Dabei sei die staatliche Datensammlung immerhin einer Kontrolle unterzogen, während Social-Media-Plattformen keinen Terror bekämpfen, sondern sogar radikalisieren, wie sich im Nachgang des Cambridge-Analytica-Skandals zeige. Gleichzeitig fehle eine kritische Überprüfung oder Kommentierung der Praktiken von Google und Co. durch zivilgesellschaftliche Organisationen – spätestens hier wird der amerikazentristische Blick des Artikels deutlich, wobei das Engagement von nicht-amerikanischen Organisationen ein ermutigendes Beispiel hätte sein können.

Money quote: „First, users voluntarily opt in to the companies‘ terms of service.“

Open Source AI: Projects, Insights, and Trends

https://www.linuxfoundation.org/publications/2018/05/open-source-ai-projects-insights-and-trends/

Ibrahim Haddad hat sich für die Linux Foundation angeguckt, wie die Lage bei Open-Source-AI-Projekten ist. Von den 113 Seiten des Berichts bestehen über 90 aus einer umfassenden Liste der größten Projekte und jeweils einer Analyse, bestehend aus einer Historie, einer Übersicht über verwendete Sprachen, Aktivitäten auf Github und projektbezogene Beobachtungen. Für uns interessant waren eher die letzten Seiten: Haddad fasst hier die Beobachtungen zusammen und gibt eine fundierte Einschätzung dazu, welche Akteure das Thema Künstliche Intelligenz im Open-Source-Bereich gerade vorantreiben; welche Herausforderungen und Probleme es gibt, die Künstliche Intelligenz von anderen Themenfeldern absetzen; und welche Rolle die wissenschaftliche Forschung immer noch spielt. Insgesamt ein schöner Überblick über den aktuellen Stand, Herausforderungen, Defizite und Chancen.

Lars Zimmermann: Fixing Funding for sustainability

Lars Zimmerman engagiert sich und arbeitet rund um Ökologie, Nachhaltige Entwicklung und Open Source, unter Anderem mit der Ausrichtung der Open Source Circular Economy Days in Berlin, wo wir vor zwei Wochen zu Gast waren und den Prototype Fund vorgestellt haben. In seinem Video „Fixing Funding for Sustainability“ teilt Lars seine Überlegungen zu Funding-Programmen und wie diese nachhaltiger gestaltet werden könnten. Seine Grundidee: Herkömmliche Bewerbungsprozesse kosten die Projekte bereits viel Zeit, die in zahlreichen versteckten und abgelehnten Bewerbungen verloren geht. Die Filterleistung könnte umgelegt oder besser genutzt werden. Spannend! Wir freuen uns auf weitere Anregungen.

http://bloglz.de/fffs-fixing-funding-for-sustainability-episode-1-grants-foerderantraege/

James Bridle: Whistleblowers are a terrible answer to the problems of big tech

James Bridle, Aktivist, Künstler und Autor, spricht die Paradoxien der Whistleblower-Enthüllungen an: Wir sind abermals auf die Güte der Tech-Elite angewiesen, die bereits Teil eines Systems sind. Was wir viel mehr bräuchten, wäre die Fähigkeit, die Vorgänge selber zu verstehen, und der Mut, die richtigen Schlüsse zu ziehen.

http://www.wired.co.uk/article/silicon-valley-whistleblowers-james-bridle-book-new-dark-age

Patent-Portfolios und Prototypen der Zukunft

– Sahil Chinoy: Your Life- Patended by Facebook

In diesem kurzen Analysestück in der NYT beschreibt Sahil Chinoy die Patent-Politiken von Facebook (und vergleichbaren Tech-Companies). Teils werden Patente nur eingereicht, um Mitbewerber in bestimmten Innovationsfeldern zu blockieren. Teilweise liefern die recherchierten Patente allerdings einen beunruhigenden Ausblick auf die Zukünfte, die hier als wünschenswert erachtet werden – für unsere Prototypen sollte es besser keine Blaupause werden, ohne Problembewusstsein Wachstum über privateste Aspekte von Nutzern ausbauen zu wollen. Und trotzdem können Technikvisionen aller Ausprägungen ein Mittel sein, um einen wirkungsvollen Diskurs darüber zu führen, ob Vorstellungskraft immer Freiheitsrechte schlagen sollte.

Money quote: „(…) the company has considered tracking almost every aspect of its users’ lives: where you are, who you spend time with, whether you’re in a romantic relationship, which brands and politicians you’re talking about. The company has even attempted to patent a method for predicting when your friends will die.“

https://www.nytimes.com/interactive/2018/06/21/opinion/sunday/facebook-patents-privacy.html

Lesen & Lernen No. 7