Click here for Rechtsberatung – Open Legal Tech im Prototype Fund
Die Entwicklerin Magdalena Noffke stellt hier ihr Projekt “Open Legal Tech” vor, das in der 9. Runde des Prototype Funds gefördert wird:
Transparenz und Teilhabe sind zentrale Anliegen vieler zivilgesellschaftlichen Akteure. Forderungen vieler Civic-Tech-Initiativen sind dabei z. B. der verbesserte Zugang zu von Politik und Verwaltung geschaffenen Daten und Informationen oder das Veröffentlichen von Quellcode von Software als Open Source. Gerade wenn öffentliche Stellen Software verwenden und sie als Services für Bürger*innen bereitstellen, sollte diese einsehbar und die Funktionsweise von Externen überprüfbar sein. Öffentlich geförderte Software sollte zudem so lizenziert sein, dass sie durch andere weiterverwendet werden kann.
Als Politikwissenschaftlerin und Informatikerin finde ich die Idee, Software für die Zivilgesellschaft zu entwickeln, besonders spannend. Begonnen habe ich mit ehrenamtlichen Hobby-Projekten – so z. B. einer Webseite, die über das Bauen in Berlin informierte oder einer Badeseen-Karte, auf der die Wasserqualität an verschiedenen Badestellen gezeigt wurde. Mittlerweile habe ich an verschiedenen Open-Source-Projekten mitgearbeitet, z. B. einer Open-Source-Plattform für Bürger*innenbeteiligung und am Civic-Tech-Projekt FragDenStaat, das es Bürger*innen ermöglicht unkompliziert Anfragen an Behörden nach dem deutschen Informationsfreiheitsgesetz zu stellen.
Automatisierte Online-Fragebögen zur Rechtsberatung
Aktuell wird die Entwicklung meines Projekte ‘Open Legal Tech’ vom Prototype Fund gefördert. Idee ist es, einfache Rechtsberatungsprozesse automatisierbar zu machen und online anzubieten. Der Fokus liegt dabei auf der Kommunikation mit der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Das Problem dabei: Das Verständnis vieler Begriffe und Verfahren bedarf umfangreicher Recherche, die viele Bürger*innen oft nicht leisten können.
Im kommerziellen Bereich gibt es bereits verschiedene Online-Anwendungen, die automatisiert rechtliche Dokumente für Betroffene erstellen. Beispiele sind automatisiert erstellte Einsprüche gegen Strafzettel für zu schnelles Fahren oder Entschädigungsforderungen gegenüber Fluggesellschaften, wenn der Flug ausgefallen ist. Die Rechtsberatung dieser einfachen Fälle erfolgt hier mithilfe eines Online-Fragebogens.
Mit ‘Open Legal Tech’ wollen wir jetzt ein System entwickeln, mit dem genau solche automatisierten Online-Fragebögen zur Rechtsberatung erstellt werden können. Zielgruppe sind dabei gemeinnützige Initiativen wie z. B. Organisationen, die ehrenamtliche Beratungen von Geflüchteten durchführen, Sozialberatungen oder Verbraucherzentralen. Das System kann vor allem dann weiterhelfen, wenn Betroffene in den jeweiligen Bereichen oft gleichlautende standardisierte Briefe erhalten, auf die regelmäßig ähnliche Antworten erfolgen sollen.
Für die Umsetzung des Projektes habe ich verschiedene solcher Organisationen und Initiativen befragt, um mögliche praktische Anwendungsfälle zu sammeln. In der Beratung von Geflüchteten könnte z. B. die Überprüfung eines möglichen Familiennachzuges relevant sein. Auch das automatische Generieren von Widersprüchen gegen Verwaltungshandeln ist ein vorstellbares Szenario.
Das Ziel: Hemmschwellen in der Auseinandersetzung mit Behörden abbauen
Für die Organisationen ergibt sich der Vorteil, dass sie wiederkehrende gleichlautende Anfragen nicht mehr selber sondern z. T. automatisiert über das System beantworten können. Sie werden dadurch entlastet und können sich auf die komplizierten Fragen konzentrieren. Darüber hinaus können sie die Fragebögen auch in verschiedenen Sprachen anlegen und so Sprachbarrieren leichter überwinden.
Für Endnutzer*innen des Systems – also Menschen, die Rechtsberatung in Anspruch nehmen wollen – kann das System einen leichteren, anonymen Einstieg in rechtlich oft komplizierte Themen bieten. Im besten Fall kann es dazu beitragen, Hemmschwellen in der Auseinandersetzung mit Behörden abzubauen. Das System kann auch so konfiguriert werden, dass der Fragebogen als Einstieg für eine darauffolgende persönliche Rechtsberatung genutzt werden kann. Aber auch das automatische Generieren fertiger rechtlicher Dokumente auf Basis der Eingaben von Nutzer*innen ist möglich.
Besonders interessant an dem Projekt ist, dass es nicht nur die zu Beratenden selbst als zentrale – und sehr diverse – Nutzer*innengruppe gibt sondern auch die Beratenden, die Fachinformationen in das System einpflegen. Während die zu Beratenden ‘nur’ einen Fragebogen ausfüllen, müssen die Beratenden komplex verzweigte Fragebögen erstellen können, deren Antworten dann in einem zuvor definierten Dokument landen. Daher ergibt es Sinn, schon während der Entwicklungsphase mit den Organisationen zusammenzuarbeiten, ihre Bedürfnisse kennenzulernen und tatsächliche Anwendungsfälle zu definieren. So kann am Ende sinnvolle Software entstehen.
Nach Ablauf der Förderung wird das System Open Source auf Github zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen.
Magdalena Noffke ist Softwareentwicklerin und entwickelt das Civic-Tech-Projekt “Open Legal Tech” im Rahmen einer Förderung durch den Prototype Fund.