Unboxing: Themenschwerpunkt der 5. Runde
Beim Themenschwerpunkt für die fünfte Prototype-Runde, “Maschinen lernen lassen”, schlagen wir neue Wege ein: Erstmals nennen wir keine gesellschaftlichen Herausforderungen, sondern gleich eine ganze Gruppe von Technologien, die wir in den Mittelpunkt stellen wollen: nämlich “Zukunftstechnologien” – wie zum Beispiel Maschinelle Lernverfahren, Bioinformatik oder Künstliche Intelligenz. In den letzten Runden haben bereits einige Projekte (z. B. VFrame) diese Felder in den Blick genommen. Jetzt setzen wir einen ganz bewussten Fokus.
Wir wollen neue Technologien, deren Einfluss nur schwer absehbar ist, früh, aktiv und zivilgesellschaftlich breit mitgestalten. Wir können ihre Entwicklung nicht denjenigen überlassen, die durch bereits aggregierte Datenmengen oder durch ihr Kapital und Netzwerkeffekte ohnehin schon einen Startvorteil haben.
Emergente Technologien können dazu beitragen, gesellschaftliche Themen anders und besser als bisher zu erschließen und zu bearbeiten. Um das zu erreichen, müssen wir dafür sorgen, dass sie auch von möglichst vielen Menschen verstanden, interpretiert und mitgestaltet werden können.
Wir suchen Projektideen, die technisch experimentierfreudig und gleichzeitig sozial verantwortungsbewusst sind, die neue Themenfelder definieren und altbekannte in einem neuen Licht erscheinen lassen, neue Anwendergruppen in den Blick nehmen oder problematische Wirkweisen von Technologien umkehren, ob künstlerisch, wissenschaftlich oder aktivistisch. Go for it, Utopistinnen und Utopisten!
Maschinen lernen lassen: adJUSTing technologies
Wie setzen wir neue Technologien so ein, dass wir mit ihnen existierende Ungerechtigkeiten aufdecken und gegen sie ankämpfen können?
Ein Beispiel hierfür könnte Open Schufa von OKF und Algorithm Watch sein.
Das Projekt sammelt Datenspenden in Form von Selbstauskünften, um den bisher opaken Algorithmus der SCHUFA zu entschlüsseln. Die Kreditwürdigkeit, die der SCHUFA-Score belegen soll, ist Grundlage für Zugang und Teilhabe in vielen weiteren Bereichen, wie z. B. Krediten oder Wohnungen – und damit ein Einfallstor für Diskriminierung.
Eine Wirkumkehr und damit Empowerment bietet auch die “White Collar Crime Database”: Hier wird Predictive Policing neu gedacht. Statt Bewohner*innen von ärmeren Stadtteilen in den Fokus zu nehmen, wie es vielfach bereits geschieht, setzen Francis Tseng & Co. stattdessen Maschinenlernen ein, um sogennante White Collar Crimes wie z.B. Steuerhinterziehung vorherzusagen.
Die Schwarze Box ausleuchten: Technik-Visionen und -Visualisierungen
Gerade bei hochspezialisierten Technologien und Anwendungen ist es schwierig, breite Teile der Bevölkerung an ihrem Entstehungsprozess teilhaben zu lassen. Deshalb setzen wir einen weiteren Schwerpunkt darauf, neue Technologien zu erklären und sie verständlich zu machen.
Beispielsweise bietet R2D3 eine Einführung in die Verfahren, die beim Maschinellen Lernen zum Einsatz kommen, und erklärt sie visuell und interaktiv.
Die interaktive “Parabel der Polygone” veranschaulicht mit einer Browser-Visualisierung die soziologische Annäherung an das Phänomen der räumlichen Segregation, und was dagegen unternommen werden kann.
Mit Analysen wie “Machine Bias” von ProPublica lassen sich Vorurteile in Maschinenlernmodellen und die daraus resultierende Ungerechtigkeit aufdecken. Datenjournalismus und Explorable Explanations können dabei helfen, noch stärker softwaregestützte Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Was sind eure Visionen und Visualisierungen?
Bei allem Hype um KI & Co.: Nur weil wir Zukunftstechnologien in bestimmten Problemstellungen anbringen können, heißt das noch lange nicht, dass sie auch die beste Lösung sind. Wir können mitbestimmen, wie und wofür wir Technologien zielführend einsetzen wollen.
Deshalb laden wir ausdrücklich auch alle anderen Projektideen zur Bewerbung ein, die sich mit Software-Prototypen gesellschaftlichen Herausforderungen stellen wollen und einem der vier Themenbereiche Civic Tech, Data Literacy, Datensicherheit und Infrastruktur zuzuordnen sind.