24.Jun 2024

Was wurde aus… \\NoIze//?

In acht Jahren Prototype Fund haben wir viele Projekte kommen und gehen gesehen. Wir wollen zurückschauen, euch einige Projekte von früher vorstellen und schauen, wie es ihnen jetzt so geht. Mit diesem Überblick soll auch die Frage nach nachhaltiger Projektentwicklung in den Fokus rücken, denn wir werfen einen Blick darauf, wie diese im FOSS-Bereich funktioniert – oder aber auch nicht. Von Folgeförderungen über den Produktivbetrieb auf Spendenbasis oder mit Geschäftsmodell bis zur Aufgabe des Projekts ist dabei alles vertreten.

Im fünften und letzten Teil der Reihe geht es um \\NoIze// aus Runde 5. Mit \\NoIze// wurde die Grundlage für einen selektiven Geräuschfilter entwickelt, der Menschen mit Hörschwäche ermöglicht, beispielsweise Nebengeräusche in lauten Umgebungen herunterzuregeln und sich so besser auf Unterhaltungen zu fokussieren. Der Filter kann in verschiedenen Hardware- und Softwareumgebungen implementiert werden.

Darum geht es:

Fast jede*r kennt es: Beim Gespräch in einer Bar oder der U-Bahn müssen wir uns gut konzentrieren, um jedes Wort des Gegenübers zu erfassen. Nahezu unmöglich ist dies für Personen mit einer Hörschwäche. Damit Hörhilfen dem begegnen können, braucht es spezielle Geräuschfilter, idealerweise solche, die auch individuell auf die Bedürfnisse der Hörenden zugeschnitten werden können – denn alle Menschen haben diesbezüglich unterschiedliche Präferenzen. Die Grundlage dafür soll \\NoIze// bieten: Auf Basis bestehender Geräusch-Datenbanken sowie Aufnahmen von Nutzenden wurde mittels Machine Learning ein Algorithmus trainiert, der Geräusche entsprechend der Nutzer*innenpräferenzen filtert. Neben Personen mit Hörschwäche kann der Filter auch von Menschen verwendet werden, die beispielsweise unter Lärmstress leiden.

So ging es nach dem Prototype Fund weiter:

Im Anschluss an die Prototype Fund Förderung hat das Team die sincEARe UG gegründet. Im Forschungs- und Entwicklungsprojekt „AI Hearing System“ arbeiten sie seit März 2023 mit dem Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie und der Charité Geriatrie daran, die Idee der Selbst-Anpassung von Klang um eine KI zu erweitern. Für 2024 ist eine neue Applikation für ältere, stark Schwerhörende geplant.

Schwerpunktmäßig wird weiter kontinuierlich an Software mit Algorithmen gearbeitet. Diese ermöglichen die Selbstanpassung von Klang auf Smartphones (und anderen Plattformen) und funktionieren als niederschwelliger Zugang zur Hörhilfe – die Entwicklung des \\NoIze// Algorithmus war ein Baustein auf diesem Weg. Zum Jahresende 2024 ist ein Multiplattform App Release geplant.

Von Anfang an arbeitete das Team mehrgleisig, d. h. nicht nur an technischen  Entwicklungen, sondern auch zusammen mit Betroffenen und Engagierten an der Aufklärung zu Hörverlust.

2021 wurde das „The Open Hearing Project“ in Kooperation mit Enactus, einer Organisation für studentische Social Entrepreneurs, ins Leben gerufen. 

“Unter dem Dach des „The Open Hearing Project“ vereinen wir alle Projekte, mit denen wir die Diversität von Hörwahrnehmung addressieren. Im Mittelpunkt steht dabei ein menschenzentriertes Design, das sich nach den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen richtet”, so Entwicklerin Peggy Sylopp. “Durch die Zusammenarbeit mit engagierten Organisationen und Betroffenengruppen wollen wir der in der Gesellschaft immer noch stark vorhandenen Stigmatisierung von Hörverlust entgegenwirken. Wir wollen die Akzeptanz von Hörverlust und die Nutzung von Hörunterstützungen stärken, und damit sowohl einen bewussteren Umgang mit Höreinschränkungen fördern als auch die hohe Rate von unversorgten Hörverlust zu verringern.”

Aktuell arbeitet das Team zudem mit der Research Group Health Matters an dem Social Media-Projekt „Reden wir über’s Hören“, das auch die Situation junger Menschen zur Sprache bringt, die durch bestimmte kognitive Voraussetzungen eine besondere Hörwahrnehmung haben.

Entwicklerin Peggy fasst zusammen: “Die Prototype Fund-Förderung hat uns darin bestätigt, unsere Entwicklungen alltagstauglich zu machen und weiter an der Zugänglichkeit von Hörunterstützungen zu arbeiten. Daraus haben sich verschiedenartige Folgeprojekte ergeben.”

Wenn ihr noch mehr über “The Open Hearing Project” erfahren wollt, legen wir euch die dazugehörige Folge des Public Interest Podcast ans Herz: https://prototypefund.de/pips5e3/.
 

Was wurde aus… \\NoIze//?