SplinterCon: mit offener Software gegen die Zersplitterung des Internets
Dass das Internet in Teilnetze – sogenannte Splinternets – zersplittert, wird bereits seit Jahren diskutiert. Mit der zunehmend angespannten geopolitischen Lage und autoritären, isolationistischen Tendenzen in vielen Ländern gewinnt das Thema an neuer Relevanz. Seit einem Jahr kommen deshalb Entwickler*innen, Forschende sowie Vertreter*innen aus Politik, Industrie und Zivilgesellschaft auf der SplinterCon zusammen, um den richtigen Umgang mit diesem Phänomen zu diskutieren und technologische Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Nach Stationen in Montreal, Brüssel und Estoril, fand die vierte SplinterCon vom 9. bis zum 11. Dezember 2024 in Berlin statt. Das Team des Prototype Fund und mehrere Prototype-Fund-Alumni waren mit dabei.
Das Splinternet und die Digitale Souveränität
In welchem Umfang die technologische Abschottung und Zensur durch Staaten und Unternehmen bereits fortgeschritten ist, wurde auf der SplinterCon anhand verschiedener Beispiele dargestellt: von politisch erwirkter Entfernung spezifischer Apps aus App Stores in Russland über VPN-Sperren in Myanmar und Klarnamenpflicht in China bis hin zu Internet-Shutdowns im Iran. Im Fokus standen also die Länder, die in Sachen Internetfreiheit besonders schlecht abschneiden. Aber auch die Rolle der EU war Gegenstand der Diskussion. Thematisiert wurden beispielsweise das Verbreitungsverbot für russische Staatsmedien über Apps, Websites und Social-Media-Plattformen, Pläne für die sogenannte Chatkontrolle und auch die Auswirkungen europäischer Regulierung, z. B. in Form der Datenschutzgrundverordnung, auf den internationalen Datenverkehr. Politische Maßnahmen dieser Art werden in der EU immer häufiger als Beitrag zu Digitaler Souveränität befürwortet. Wie in einem Panel deutlich wurde, bleibt im politischen Diskurs allerdings oft diffus, welche Werte dem Begriff Digitale Souveränität zugrundeliegen. Während die einen Argumente für mehr dezentral organisierte Open-Source-Software daraus ableiten, die die Handlungsfreiheit von Individuen stärkt, sehen andere im Begriff der Souveränität eine Befürwortung von staatlicher Autorität und Exklusion angelegt. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der genaueren Analyse des Begriffs Splinternet und des zugehörigen politischen Diskurs.
Offene Software für ein freies Internet
Dass Open-Source-Software, dezentrale Ansätze sowie offene Standards und Protokolle elementar für ein freies Internet sind, war Konsens auf der SplinterCon. Denn mit ihnen lassen sich technologische Lösungen interoperabel gestalten, sind für andere leicht zu übernehmen und schwerer zentralisiert zu kontrollieren. Ebenso wichtig wie die Problembeschreibung war es auf der Konferenz, konkrete Projekte gegen technologische Abschottung vorzustellen und die Zersplitterungstendenzen des Internets als Chance dafür zu nutzen, über technologische Ansätze zu reflektieren. Zu den vorgestellten Ansätzen gehörten unter anderem Mirrorseiten, dezentralisierte BitTorrent-basierte Web-Browser, Peer-to-Peer Filesharing und Webtunnel Bridges, um Zensur zu umgehen. Weitere Projekte waren dezentralisierte Apps, die insbesondere Journalist*innen die sichere Kommunikation, Speicherung und Archivierung von Informationen ermöglichen sollen. Ein technologischer Ansatz, der dafür genauer in den Blick genommen und gegenüber Kritiker*innen verteidigt wurde, waren Web3– bzw. Blockchain-Technologien. Neben der Entwicklung neuer Lösungen wurden schließlich auch bereits existierende Technologien wie das Satellitennetzwerk Starlink und eSIM diskutiert. Im Fokus standen dabei die Chancen für eine Umgehung von Zensur und die Aufrechterhaltung von Kommunikationskanälen auf der einen und mögliche Risiken wie rechtliche Unsicherheiten oder eine Identifizierbarkeit von Nutzenden auf der anderen Seite. Gemeinsam war allen auf der SplinterCon vorgestellten Ansätzen die Herausforderung, für breite Massen nutzbar zu werden, aber auch die Überzeugung ihrer Entwickler*innen, dass eine weite Verbreitung möglich ist und einen Beitrag zu einem freieren Internet leisten kann.