VICollab - Zugängliches kollaboratives Arbeiten mit Emacspeak
Wir entwickeln einen auditiven Client für Video- und Audiokonferenzen.
Welche gesellschaftliche Herausforderung adressiert euer Prototyp?
Menschen mit Behinderung sind häufig von Barrieren betroffen, die zu einem Ausschluss in der Mehrheitsgesellschaft führen. Dieses Projekt beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten, die eine Sehbehinderung mit sich bringt. Gerade digitale Systeme sind häufig nicht zugänglich entworfen und verlassen sich ausschließlich auf den visuellen Kanal für das User-Interface. Betroffene müssen auf Hilfstechnologien wie Screenreader zurückgreifen, die nicht dieselbe User-Experience garantieren können, wie integrierte Lösungen. Emacspeak ist eine freie Plattform für Sprachausgabe. Auf dem stark erweiterbaren und in einer Tradition von freier Software stehenden Emacs-Editor aufbauend, erschließt es Menschen mit Sehbehinderungen zahlreiche digitale Anwendungen und Systeme. Das Projekt will diesem Ökosystem weitere Anwendungen aus dem Bereich des kollaborativen Arbeitens hinzufügen, wie die Konferenz- und Lehrplattform BigBlueButton. Kollaberatives Arbeiten kann eine sehr effektive und kreative Form der digitalen Zusammenarbeit sein, die immer mehr Organisationen und Gruppen erfolgreich nutzen. BigBlueButton findet beispielsweise in Bildungseinrichtungen und Verwaltungskontexten Verwendung. Die Software unterstützt die Benutzung mittels traditioneller Screenreader. Diese kommen aber bei der gleichzeitig schriftlichen und auditiv/visuelle Kommunikation einer Videokonferenz an ihre Grenzen.
Wie geht ihr das Problem an?
Ziel ist es, eine BigBlueButton-Konferenz von Emacspeak aus steuern zu können und alle textbasierten Funktionen, also Chats, Polls und geteilte Notizen abzubilden. Dazu werden emacs-Pakete entwickelt, die diese Funktionen umsetzten und ein besonderes Augenmerk auf die Sprachausgabe haben. Die API, die innerhalb einer BigBlueButton-Session zum Einsatz kommt, ist nicht öffentlich dokumentiert. Deswegen wird mittels Webengine ein Wrapper um den Webclient entwickelt, sowie eine emacs-Bibliothek für die Interaktion mit dem DOM des Webclients. Diese werden für das Kapseln von anderen Webanwendungen wiederverwendbar sein. Für das Abbilden der Chatfunktionen wird nach Möglichkeit auf vorhandenen Chat-Clients für emacs aufgebaut. Für die geteilten Notizen wird eine Bibliothek geschrieben, die „kollaborative Dokumente“, welche synchron von mehreren Autor*innen verändert werden, implementiert. Diese wird für andere Dienste wie eigenständige Etherpad-Instanzen wiederverwendbar sein. Die User-Experience soll von visuellem Feedback unabhängig sein können. Da vorgelesene Texte nur linear rezipiert werden, müssen beispielsweise Datenstrukturen so angelegt werden, dass verteilte Änderungen möglichst gezielt abgefragt werden können. Genaue Anforderungen werden in Fokusgruppen-Interviews ermittelt.
An wen richtet sich euer Tool?
Die Zielgruppen sind bestehende Nutzer*innen von Emacspeak, denen BigBluButton-Konferenzen und kollaborative Arbeitsformen erschlossen werden, Nutzer*innen von GNU emacs ohne Sprachausgabe, die die Pakete ebenfalls nutzen können und Menschen mit Sehbehinderungen, die bisher noch nicht Emacspeak nutzen.