Projektstatus: Im Einsatz

Boundary Agents

Wir machen BIPOC Geschichte der Frühen Neuzeit sichtbar.

Anne Kuhlmann-Smirnov, Ilya Smirnov
#Runde13 #Datenvisualisierung #Transparenz

Welche gesellschaftliche Herausforderung adressiert euer Prototyp?

Menschen aus nicht-europäischen Kulturen werden hierzulande von vielen noch immer als ein Phänomen der Moderne betrachtet. Der kulturelle Austausch besteht und wirkt jedoch schon seit Jahrhunderten. Nur langsam dringt diese historische Kontinuität ins Bewusstsein der europäischen Gesellschaften. Im Kontext der Rassismus- und Kolonialismus-Forschung sollen Quellen zum Leben von Menschen aus außereuropäischen Kulturen zusammengeführt werden, die an den Adelshöfen des 17. und 18. Jahrhunderts lebten und arbeiteten. Diese Quellen sind bislang nicht adäquat gebündelt und abgebildet. Es soll eine Sammlung entstehen, die den Umgang mit den oft opaken zeitgenössischen Quellen für verschiedene Nutzergruppen erleichtert. Das digitale Archiv soll zum Museum werden. „Boundary Agents“, das sich im gesellschaftlichen Themenfeld von Inklusion und Diversität verortet, will das bekannte Wissen systematisch erfassen und erweitern. Alles, was wir derzeit über diese Menschen wissen, soll nach Möglichkeit in Form von Scans der Quellen sowie Transkriptionen vorgehalten und kontextualisiert werden. Insbesondere Communities, die sich mit der Geschichte von „fremden“ Menschen im Europa der frühen Neuzeit aufgrund ihrer eigenen biografischen Wurzeln verbunden fühlen, aber selbst keine Historiker*innen sind, verschafft dies Zugang zu gesicherten historischen Fakten. Dazu wird ein auf sie zugeschnittenes Interface angeboten, das auch dort Orientierung bietet, wo die Original-Quellen, wie in der Frühen Neuzeit üblich, in schwer lesbarer Kanzlei- bzw. Kurrentschrift verfasst und wegen des ihnen eigenen antiquierten Sprachduktus schwer verständlich sind.

Wie geht ihr das Problem an?

Das Projekt soll in Form einer interaktiven Web-App umgesetzt und im Internet frei zugänglich bereitgestellt werden. Der aktuelle Datenbestand soll in die Database-basierte relationale Datenbank FactGrid überführt werden. Für die Anbindung an die FactGrid-Datenbank wird eine Backend-API in der Programmiersprache Python implementiert. Bei der Entwicklung steht die Interaktivität des Systems im Vordergrund. Nach Ermittlung der Systemspezifikationen im Austausch mit Nutzergruppen wird im Co-Design-Prozess ein Entwurf des graphischen Designs und der Steuerelemente des Benutzungsinterfaces entwickelt. Danach wird die App bei einem gängigen Cloud-Anbieter unter einem eigenen Domänenamen gehostet. Der komplette Source-Code soll auf Github eingestellt werden. Durch kreatives Denken und Entwerfen hoffen wir ein Benutzungsinterface zu schaffen, das einen Mehrwert für andere Entwickler*innen verspricht, die sich mit Systemen wie Archiv- und Museumssoftware, virtuellen Ausstellungen und Enzyklopädien beschäftigen. Sie sollen den Code für ihre eigenen Projekte nutzen können.

An wen richtet sich euer Tool?

Unser Tool richtet sich an Aktivist*innen und Communities, die sich mit europäischer Kolonialgeschichte beschäftigen und unsere App für eigenen Projekte nutzen können. Wir möchten Historiker*innen ansprechen, die zur Geschichte von Rassismus und Kolonialismus in Deutschland arbeiten sowie Museolog*innen, die die App für Ausstellungen oder Denk-Male in Museen nutzen können und Archivar*innen, die ihre Archivfunde beitragen möchten. Darüber hinaus adressieren wir auch alle anderen Menschen, die sich persönlich für das Thema interessieren.