Projektstatus: Im Einsatz

Teledash

Wir wollen öffentliche Inhalte auf Telegram erheben und auswerten.

Grischa Stanjek, Gregor Weichbrodt, Tuija Wigard
#Runde10 #Anwendungen #Journalismus/Medien

Welche gesellschaftliche Herausforderung adressiert euer Prototyp?

Seit Beginn der Corona-Pandemie verzeichnen rechtsextreme bzw. verschwörungsideologische Telegram-Kanäle einen Anstieg an Nutzer*innen. Für diese Szenen gilt Telegram als besonders attraktiv, da der Messenger als sicher bzw. anonym und im Gegensatz zu anderen Plattformen als “zensurfrei” gilt.

Einzelne Akteure erreichen dort mit geringem technischen Aufwand hunderttausende User*innen und tragen so zur Normalisierung von Antisemitismus und verschwörungsideologischem Denken bei. Falschinformationen zum Coronavirus sowie die QAnon-Verschwörungserzählung wurden nach unseren Beobachtungen breit in deutschsprachigen öffentlich zugänglichen Telegram-Gruppen geteilt. Die Mobilisierungen zu den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung fanden im vergangenen Jahr nach unseren Recherchen sogar vor allem via Telegram statt.

Trotz seiner Popularität gibt es für Telegram bis dato keine frei verfügbaren Werkzeuge, die eine quantitative und qualitative Untersuchung der verbreiteten Inhalte zulassen – beispielsweise um Entwicklungen und Trends frühzeitig zu erkennen oder die Löschpraktiken der Betreiber*innen von Telegram zu beleuchten. Bisher ist dies nur mit hohem technischen Aufwand und Wissen möglich.

Wie geht ihr das Problem an?

Wir wollen eine Software zur Erhebung und Auswertung von öffentlichen Inhalten und Kanälen des Instant-Messengers Telegram für die qualitative und quantitative Analyse durch Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Zivilgesellschaft entwickeln. Neben der automatisierten quantitativen Auswertung der Entwicklungen von Kanälen, Gruppen und Beiträgen sollen Inhalte über ein Webinterface zugänglich und durchsuchbar gemacht werden. Durch Text- und Spracherkennung können zusätzlich Medien wie Video- und Audiodateien durchsucht und ausgewertet werden. Datensätze können exportiert und so durch Software Dritter ausgewertet werden.

Die Telegram-API stellt die Inhalte bereit, die regelmäßig heruntergeladen, verarbeitet und gespeichert werden (z. B. in einer MongoDBInstanz oder Postgres und Elasticsearch). Metriken wie Anzahl der Abonnent*innen oder Aufrufe einzelner Posts werden gespeichert, um Aussagen über die Entwicklung und Verbreitung treffen zu können.

Geteilte Medien wie Bilder, Videos und PDFs können zudem wahlweise heruntergeladen und indexiert werden. Um Medieninhalte wie Bilder und Videos durchsuchbar zu machen, steht zur Überlegung, jene Inhalte mit Text- und Spracherkennung zu verarbeiten.

Im Frontend ist ein Webinterface geplant, das Auswertung, Visualisierung (z. B. D3.js) und Auswahl der erhobenen Daten ermöglichen soll. Neben quantitativen Entwicklungen von Kanälen, Gruppen und Beiträgen, können Beiträge nach Schlagworten oder Phrasen durchsucht werden.

Zusätzlich kommt die App mit einer internen API daher, die das Entwickeln von Extensions ermöglicht, mit denen der Funktionsumfang erweitert werden kann (z. B. der Einbau von Scrapern für andere Plattformen oder Verarbeitung der Daten mit Hilfe von Natural-Language-Processing-Tools).

An wen richtet sich euer Tool?

Die Software richtet sich an Journalist*innen, Forscher*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die die Verbreitung von rechtsextremen und verschwörungsideologischen Inhalten auf Telegram untersuchen (wollen).

Sowohl die Bedienung als auch die Installation soll dabei für Personen ohne tiefgehendes technisches Verständnis durch ein Webinterface möglich sein. Gleichzeitig sollen Entwickler*innen die Möglichkeit haben einzelne Funktionen je nach Bedarfslage nachzurüsten bzw. den Funktionsumfang der Software zu erweitern.