10.Aug 2023

Mit Open-Source-Software die Umwelt schützen

Auch wenn es trivial klingt: Technologien sind eng mit der Umwelt verknüpft. Data Center, die Produktion von Hardware und ausufernder Web Traffic verbrauchen viel Energie und tragen stark zu der Belastung der Umwelt und des Klimas bei. Es gibt auch Bestrebungen, dieser Problematik zu begegnen und gerade Open-Source-Software spielt hier eine bedeutende Rolle.

Digitale Werkzeuge können dabei helfen, die Welt um uns herum besser zu verstehen. Das kann bedeuten, dass wir das Ökosystem in unserem Garten analysieren oder die politischen Maßnahmen zum Klimaschutz transparent darstellen. Quelloffene Software kann dabei helfen, bestehende Systeme zu verbessern und so mit vielen kleinen Veränderungen große Auswirkungen zu haben. Open-Source-Technologien haben viel Potential beim Umweltschutz.

Doch zu Anfang noch eine kurze Klarstellung: Die nötigen, großen Veränderungen lassen sich nicht alleine durch clevere Technologien erzielen. Es braucht groß angelegte, politische Strategien und Maßnahmen, um die Umwelt und das Klima nachhaltig und effektiv zu schützen. Open-Source-Software kann auch hier einen kleinen Teil dazu beitragen, diese Veränderungen transparent, informiert und effektiv anzustoßen oder umzusetzen.

Wir haben uns drei Projekte aus unserem Pool an gemeinwohlorientierten Softwareprototypen herausgesucht, die jeweils für sich einen kleinen Beitrag leisten, um unsere Umwelt zu schützen.

Was fliegt denn da?

Insekten sind die oft übersehenen Wohltäter in Ökosystemen. Sie bestäuben unsere (Nutz)Pflanzen, dienen als Futter für Vögel und Säugetiere oder bauen biologische Abfälle ab. Seit Jahren beobachten Wissenschaftler*innen einen rapiden Verlust der Gesamtmenge aller Insekten. Ältere Autofahrer*innen erinnern sich noch an Zeiten, als die Windschutzscheibe übersät war mit erschlagenen Insekten, ein heute selten gewordenes Phänomen. Der Rückgang an Insektenanzahl und -vielfalt kann und wird dramatische Folge für unser Ökosystem haben. Umso wichtiger ist es, den aktuellen Bestand genau und möglichst oft zu erfassen. Mit dem Projekt KInsecta können wir alle dabei mithelfen, die Datenbasis zu verbessern und lokal bei uns den Bestand der Insekten zu erfassen.

KInsecta besteht aus zwei Komponenten. Der erste ist eine Sensoreinheit, die sowohl Umweltparameter wie Licht und Temperatur misst, als auch das Äußere der Insekten und sogar ihre spezifische Flügelschlagzahl erfasst. Ergänzt wird die Hardware von einer Software, die mit einer trainierten künstlichen Intelligenz die vielen Messdaten kombiniert, auswertet und die Insektenspezies bestimmt. Mit dem Gesamtsystem können Forscher*innen, Aktivist*innen und Entomologie-Fans draußen in der Natur Insekten fangen, bestimmen und wieder frei lassen.

Die einzelnen Teile des Projekts, sowohl Hardware als auch Software, sind Open Source. Alle können sich die detaillierte Aufbauanleitung herunterladen, und selbst einen Multisensor zusammensetzen. Wer sich das nicht zutraut, findet Hilfe in regelmäßigen Workshops, bei denen die Sensorboxen aufgebaut werden. Die Software wurde auch dank einer Förderung durch den Prototype Fund in Runde 6 entwickelt und steht allen Interessierten zur Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung.

Technologien wie KInsecta können aus Bürger*innen Citizen Scientists machen. Und das hat Potential: 2017 hat eine Studie von Freiwilligen eindrücklich den Verlust an Insekten sichtbar gemacht. Die Ergebnisse haben eine gesellschaftliche Diskussion über Naturschutz angestoßen. Neue quelloffene Technologien können diesen Diskurs weiter vorantreiben und so zu besserem Umweltschutz führen.

Wie läuft der Klimaschutz bei mir vor der Tür?

Sich aktiv für den Umweltschutz einzusetzen, bedeutet auch, politisch aktiv zu werden. Nur so lassen sich auch langfristig die nötigen großen Veränderungen umsetzen. In Deutschland sind die politischen Entscheidungsgremien stark fragmentiert und es ist nicht leicht, den Überblick über die jeweiligen lokalen Pläne zum Klima- und Umweltschutz zu behalten. Das Portal des Local Emission Framework geht genau diese Problematik an und bietet einen niedrigschwelligen Zugang zu lokal relevanten Informationen.

Das Portal integriert dabei sowohl politische Grundsatzentscheidungen als auch meteorologische Daten. Auf einer Karte ist eine Vielzahl von Wetterstationen, Kreisen und Städten dargestellt. Für eine Vielzahl von verzeichneten Orten lassen sich die verfügbaren Niederschlags- und Temperaturwerte anzeigen. In Städten werden außerdem übersichtlich die selbstgesteckten Klimaziele der Regierungen dargestellt und, sofern vorhanden, die Wahlentscheidungen der Bürger*innen der letzten Wahlen.

Das Local Emission Framework ist quelloffen und wurde in der neunten Runde des Prototype Fund gefördert. Quelloffen bedeutet, dass alle Entwickler*innen das Werkzeug um weitere Datenquellen ergänzen können, um so ein noch umfangreicheres Bild der Ist-Zustands abzubilden und auf eine bessere Zukunft hinzuarbeiten. Die Menschen hinter dem Projekt rufen außerdem Kreise, Städte und Kommunen dazu auf, das Framework zu nutzen, um die Sichtbarkeit und Effizienz der kommunalen Klimastrategie zu optimieren.

Wie grün ist mein Blog?

Auch wenn der eigene Blog jetzt nicht wie die erste Adresse für mehr Umweltschutz aussieht, so haben Websites doch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Energieverbrauch des Internets. Jede Datenübertragung erfordert Energie, die produziert werden muss – meist aus fossilen Energieträgern. Hinzu kommt, dass besonders aufwendig gestaltete Webseiten nur auf aktueller Hardware gut funktionieren. Nutzer*innen werden so dazu angehalten, regelmäßig neue Hardware zu kaufen, um an den digitalen Angeboten teilhaben zu können. Jedes neue Gerät hat einen großen ökologischen Fußabdruck. Die Art, wie Webseiten gebaut werden, hat einen Einfluss auf unsere Umwelt.

Das vom Prototype Fund geförderte WordPress-Plugin GreenerWP ist eine Möglichkeit, diesen Problemen in gewissem Rahmen zu begegnen. Nach der Installation analysiert das Plugin die eigene WordPress-Installation und gibt praktische Hilfestellungen bei der Optimierung der Webseite. Web-Caching verringert die Last auf dem Server und senkt so den Stromverbrauch, optimierte Bildformate schonen die Bandbreite. Zusätzlich hat der Programmierer Christian Neumann auf seiner Webseite Tipps zusammengestellt, mit denen man auch Webseiten mit einem anderen Content Management System als WordPress grüner machen kann.

Wenn man nicht nur das eigene kleine Blog sondern auch die Unternehmenswebsite optimiert, hat man mit überschaubarem Aufwand eine große Wirkung. Und je mehr Entwickler*innen diese Prinzipien umsetzen, umso mehr kann erreicht werden. Ein extremes Beispiel für eine stromsparende Webseite hat das Low Tech Magazine 2018 umgesetzt. Die Webseite wird von einer Solarzelle betrieben, geht offline, wenn der Akku leer ist, und verzichtet auf jede überflüssige Serveraktivität. Auch wenn dieses Beispiel sich nur schwer verallgemeinern lässt, zeigt es doch, was mit der richtigen Software möglich ist.

Fazit

Wie oben erwähnt ist quelloffene Software nicht allein die Lösung. Viele kleine und größere Lösungen können jedoch dazu beitragen, dass wir alle befähigt sind, unseren Teil beizutragen. Manche von uns zählen Insekten im Garten, andere machen die Webauftritte, an denen sie mitarbeiten, ein kleines bisschen grüner. Hinzu kommt ein weiterer Vorteil von Open Source: dadurch dass Software nicht jedes mal neu entwickelt werden muss, sondern bestehender Code weiterverwendet und optimiert werden kann, werden Mehrfachentwicklungen vermieden und Programme werden stetig effizienter. Wem Umweltschutz am Herzen liegt, sollte auf Open-Source-Software setzen.

Mit Open-Source-Software die Umwelt schützen