Ein Herz für grüne Technologien
Zu jeder Runde vertrauen uns Menschen ihre Public-Interest-Tech-Ideen an, mit denen sie Nutzer*innen den Alltag erleichtern und das Neue bewältigbar machen möchten. In jeder Runde können wir nur einen kleinen Anteil dieser Projekte am Ende tatsächlich fördern. Wen und was wir grundsätzlich fördern, regelt die Förderrichtlinie des BMBF. In der Auswahl orientiert sich die Jury zudem an den Kriterien Innovationsgrad, Realisierbarkeit, Reichweite und gesellschaftlicher Nutzen des Projekts, Erfolgsaussichten und Vermeidung von Doppelförderung. Aus der Orientierung am gesellschaftlichen Mehrwert ergibt sich für uns auch ganz klar die Verpflichtung, Klimaschutzkriterien in die Beurteilung mit einzubeziehen.
Obsoleszenz und Rebound-Effekten begegnen
Deutschland hat das Pariser Klimaschutzabkommen 2016 ratifiziert. Damit verpflichtet sich der Staat dazu, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken – das viel zitierte 1,5-Grad-Ziel. In der Debatte um die Erreichung dieses Ziels wird Technologien eine bedeutende Rolle zugeschrieben. Sie haben das Potenzial, den Energieverbrauch von digitalen Anwendungen zu reduzieren, auf Missstände aufmerksam zu machen oder klimaschädliche Technologien zu ersetzen. Dafür müssen Entwickler*innen, Entscheidungsträger*innen und auch Nutzer*innen Obsoleszenz und Rebound-Effekte vermeiden. Obsoleszenz tritt auf, wenn neue Versionen einer Software oder neue Software nicht mehr auf der bisherigen Hardware laufen, weil diese keine entsprechende Leistungsfähigkeit hat oder alte Software-Versionen nicht mehr weiterentwickelt oder gewartet werden. Hardware wird dann entsorgt, obwohl sie nicht kaputt ist. Dem versuchen wir z. B. mit Open Source zu begegnen. Bei Rebound-Effekten werden am Ende trotz der Energieeffizienz von Anwendungen mehr Ressourcen verbraucht als vorher, weil sich Nutzer*innen oder Unternehmen in der Sicherheit wiegen, sparsam zu handeln. Hier kann Software auf alternative Handlungsoptionen aufmerksam machen.
Diesen Effekten mit einer Softwareentwicklung im öffentlichen Interesse zu begegnen, ist Aufgabe des Prototype Fund und seiner Geförderten. Das hat mehrere Gründe. Wir sind der Überzeugung, dass alle die Verpflichtung haben, (auf) ihre Umwelt zu achten. Dies hat das Bundesverfassungsgericht 2021 in seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz von 2019 festgelegt und mit Generationengerechtigkeit begründet. Aus den Verpflichtungen des Pariser Abkommens ergibt sich außerdem eine besondere Verantwortung des Staates, die Klimapolitik zu steuern. Bei einem staatlich finanzierten Förderprogramm wie dem Prototype Fund heißt das auch, dass öffentliche Gelder nicht in die Entwicklung klimaschädlicher Innovationen fließen dürfen. In der Auswahl der Projekte lautet eine Leitfrage deshalb immer auch: Muss eine Idee wirklich auf die dargestellte Weise umgesetzt werden – oder geht das auch einfacher und mit weniger Ressourceneinsatz?
Hoher Energieverbrauch als Ausschlusskriterium
Eine Studie des Öko-Instituts, dem Institut für Softwaresysteme in Wirtschaft, Umwelt und Verwaltung der Hochschule Trier und des Instituts für Informatik der Universität Zürich im Auftrag des Umweltbundesamtes hat ein Bewertungsmodell für ressourcenschonende Software erforscht, das auf 25 Kriterien und 76 Indikatoren beruht. Da wir einen kurzen Zeitraum von der Einreichung einer Bewerbung bis zum Förderstart umsetzen möchten, können diese Bewertungskriterien bei uns nicht im Einzelnen geprüft werden. Aber es gibt Technologien, bei denen horchen wir auf und schauen ganz genau hin: KI und Blockchain. Für beide ist bekannt, dass sie sehr viel Energie verbrauchen.
Zwar gibt es bereits Überlegungen und Ansätze, wie dieser Energieverbrauch reduziert werden kann (z. B. von Germanwatch, dem Fraunhofer Institut oder der Stiftung Neue Verantwortung), aber unsere oben aufgeführte Prüffrage führt oft dazu, dass Projekte, die sehr aufwendig und ressourcenintensiv sind, abgelehnt werden. Die Juror*innen wägen hier ganz genau ab, ob die Vorteile für Nutzer*innen und/oder andere gesellschaftliche Gruppen die Risiken deutlich aufwiegen und der zu erwartende Energieverbrauch in einem angemessenen Verhältnis zum Testen der Idee steht.
Denn beim Prototype Fund geht es darum, eine Idee zu testen. Wenn sich also während der Förderzeit herausstellt, dass eine Technologie sich nicht für den angestrebten Zweck eignet, dann ist es vollkommen in Ordnung, sich von der Idee zu verabschieden. Auf diese Weise kann in einem angemessenen zeitlichen Rahmen der Notwendigkeit von klimagerechter Software noch begegnet werden.