Digitale Selbstbestimmung – mach dir dein Telefon zu eigen
Ein Gastbeitrag von Tobias Sterbak
Mit der zunehmenden Abhängigkeit von Smartphones in unserem täglichen Leben ist es wichtiger denn je geworden, die Kontrolle über das Gerät zu haben, das wir überall mit uns herumtragen und dem wir alle unsere privaten Daten anvertrauen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, mit dem Gerät zu tun, was wir wollen, ohne durch den Hersteller oder das Betriebssystem eingeschränkt zu werden.
So ist eines der größten Probleme bei heutigen Android Smartphones die sogenannte Software-Obsoleszenz. Das bedeutet, dass sie oft wenige Jahre nach dem Kauf keine Updates mehr erhalten und neue Funktionen und Sicherheitspatches nicht mehr zur Verfügung gestellt werden. Damit ist das Gerät Sicherheitsrisiken ausgesetzt und einige Apps werden nicht mehr unterstützt oder funktionieren nicht mehr so, wie sie sollten. Dies zwingt die Nutzer*innen dazu, sich ein neues Gerät zu kaufen, auch wenn ihr aktuelles Gerät ansonsten noch in einem gutem Zustand ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der digitalen Selbstbestimmung ist der Datenschutz. Wenn wir auf unseren Geräten proprietäre Software verwenden, sind wir oft der Gnade großer Technologieunternehmen und deren Datenerfassungspraktiken ausgeliefert. Viele dieser Unternehmen nutzen unsere Gerätedaten für gezielte Werbung und um detaillierte Profile über uns für andere Zwecke zu erstellen. Dies kann ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre sein und auch negative Auswirkungen auf unsere Sicherheit haben.
Durch die Verwendung alternativer, quelloffener Lösungen können Nutzer*inne die Kontrolle über ihr Gerät zurückgewinnen und dazu beitragen, dass ihre Gerätedaten privat bleiben und nur auf eine Weise verwendet werden, der sie zustimmen. Zusätzlich können alte Smartphones mit offenen Betriebssystemen wieder auf den neusten Stand gebracht und länger genutzt werden. Open-Source-Betriebssysteme wie LineageOS oder /e/OS, alternative App-Stores wie F-Droid und andere datenschutzfreundliche Tools, wie das microG Projekt stehen Nutzenden zur Verfügung, die mehr Kontrolle über ihre Geräte und Daten haben möchten.
Diese alternativen Lösungen verfügen möglicherweise nicht über alle Funktionen und Apps, an die sie gewöhnt sind. Das ist ein Kompromiss den Nutzer*innen für eine bessere Kontrolle über ihr Gerät und ihre Daten akzeptieren müssen. Community-Datenbanken wie Plexus möchten diese Unsicherheit beenden und den Nutzer*innen ermöglichen, genau zu wissen, welche Apps noch funktionieren, sobald sie ein Google-freies Android-Betriebssystem installieren.
Im Vergleich zur Installation eines neuen Betriebssystems auf einem Desktop-PC oder Laptop, die mittlerweile einfach zu durchzuführen ist, kann es bei Android-Geräten schwierig sein Open-Source-Betriebssysteme zu installieren. Schon das Entsperren des Bootloaders kann je nach Gerät eine große Herausforderung darstellen. Außerdem ist es nicht immer möglich, eine offene Betriebssysteme-Alternative für sein Gerät zu finden. Zudem erfordert der Installationsprozess viele Schritte in der Kommandozeile, was für technisch nicht-versierte Nutzer*innen eine hohe Hürde darstellt.
An dieser Stelle setzt das Projekt OpenAndroidInstaller an. Diese Open-source-Software zielt darauf ab, den Prozess der Installation von alternativen Android-ROMs für Benutzer*innen ohne viel technisches Wissen zu vereinfachen. Er führt die Nutzer*innen durch den Installationsprozess, erklärt die einzelnen Schritte und automatisiert die Installation. Damit wird es für Interessierte einfacher, die Kontrolle über ihr Gerät zu übernehmen und den Einschränkungen zu entkommen, die einem durch proprietäre Software auferlegt werden.
Meiner Meinung nach, bedeutet digitale Selbstbestimmung, dass man mit seinem Gerät machen kann, was man will, ohne durch den Hersteller oder das Betriebssystem eingeschränkt zu werden. Dazu ist auch eine „digitale Selbstermächtigung“ notwendig, die Menschen in die Lage versetzt die Kontrolle über ihre Geräte zu übernehmen. Der Open Android Installer ist ein Werkzeug, das Nutzenden helfen kann, dieses Ziel zu erreichen, indem es die Installation alternativer, quelloffener Versionen von Android vereinfacht und erleichtert.
Tobias Sterbak ist Data Scientist und Software Entwickler aus Berlin. Seit einigen Jahren arbeitet er als Freiberufler im Bereich Natural Language Processing. Er interessiert sich für Digitale Privatsphäre, offene und freie Software, Remote Work und Hunde. Im Rahmen des Prototype Fund entwickelte er Open Android Installer.